Das Rudolf-Steiner-Seminar für Heilpädagogik Bad Boll möchte im Rahmen eines fachwissenschaftlichen Diskurses einen Beitrag zur Vermittlung und Vertiefung der anthroposophischen Heilpädagogik in Ausbildung und Fortbildung leisten. Als ethische Grundlage unserer Arbeit verstehen wir die Achtung vor der intakten geistigen Individualität jedes einzelnen Menschen und seinem Anspruch auf Teilhabe am sozialen Leben. In diesem Sinne plädieren wir für eine inklusive Gesellschaft, die individuelle Bedingtheiten, wie sie jeder Mensch mit sich trägt, als Quelle kultureller Bereicherung wert schätzt. Wir möchten aber auch betonen, dass das reale Leiden, das eine Behinderung für die Betroffenen und ihre Bezugspersonen mit sich bringen kann, durch diesen Diskurs nicht beschönigt werden darf und dass Menschen mit Behinderungen einen Anspruch auf intensive Förderung haben, um ihre Schicksalsintention in einer inklusiven Gesellschaft leben zu können.
Leitmotive der Ausbildung im Rudolf-Steiner-Seminar sind:
In seiner Zielsetzung versteht sich das Rudolf-Steiner-Seminar als Teil der weltweiten anthroposophisch-heilpädagogischen Bewegung im Rahmen des Anthroposophic Council for Inclusive Social Development in Dornach/Schweiz und arbeitet in den Gremien dieses Netzwerkes mit. Ebenso pflegt und schätzt es den Austausch und die Zusammenarbeit mit den Bildungseinrichtungen anderer Träger und den entsprechenden Gremien.
Zur Weiterentwicklung der Ausbildungsinhalte und Methoden der anthroposophischen Heilpädagogik hat das Rudolf-Steiner-Seminar Bad Boll im internationalen Kontext als Partner an zwei europäischen Projekten im Rahmen des Leonardokonzeptes mitgearbeitet. Das erste Projekt in den Jahren 1997 bis 2000 widmete sich der Erstellung eines inzwischen in mehrere europäische Sprachen übersetzten Ausbildungshandbuches. Eine internationale Arbeitsgruppe hat hier im ständigen Austausch mit den etwa 50 europäischen Ausbildungsstätten für anthroposophische Heilpädagogik deren Arbeitsfelder, Inhalte, Methoden, Begleitungsmodi und Entwicklungsanliegen grundlegend formuliert und in einem exemplarischen Teil mit vielen Praxisbeispielen belegt. 2005 bis 2007 befasste sich das nächste Projekt CESTE – NET mit der Ausarbeitung der Trialen Ausbildungsmethode. Diese bezieht sich auf die Frage, wie die vielfältigen Möglichkeiten des künstlerischen Übens und Erlebens als gleichberechtigte dritte Säule neben Praxis und Wissenschaft methodisch in die Ausbildung einbezogen werden können.
Auch heute sind wir aktiv im Internationalen Ausbildungskreis des Anthroposophic Council for Inclusive Social Development. Der Internationale Ausbildungsrat hat 2020 ein Erasmus+ Projekt für eine strategische Partnerschaft genehmigt bekommen. Das Projekt trägt den Titel Continuing Education for Trainers – Developing an International Peer-to-Peer Process. Unsere Schulleitung war an der Entwicklung des Projektes beteiligt. Die Akademie AnthropoSozial ist eine der Partnerorganisationen des Projektes, Das Projekt zielt darauf ab, auf der bisherigen Arbeit im Rahmen des Internationalen Ausbildungskreises aufzubauen, indem es ein Peer-to-Peer-Fortbildungsmodell für Ausbilder, Lehrer und Mentoren prototypisch erprobt, das auf dem Austausch guter Praxis in Methoden, Didaktik und Unterrichtsgestaltung basiert. Über einen Zeitraum von drei Jahren werden wir einen strukturierten Prozess der gemeinsamen Reflexion, Bewertung und Weiterentwicklung von Bildungspraktiken vor dem Hintergrund zeitgenössischer Theorien und Ansätze der Erwachsenenbildung durchlaufen. Die drei Schlüsselveranstaltungen in diesem Prozess – unsere transnationalen Tagungen in Kassel, Deutschland, in den Jahren 2021, 2022 und 2023 – folgen dem Format der “Methodisch-didaktischen Laboratorien”, in denen Beispiele innovativer Unterrichtspraxis und -gestaltung von den Teilnehmer/-innen ausgetauscht, erprobt und ausgewertet werden. In der Zeit zwischen diesen Treffen können die Teilnehmer*innen mit ihrer eigenen Lehrpraxis innerhalb ihrer eigenen Programme und Organisationen experimentieren, sie auswerten und weiterentwickeln. Daraus ergibt sich ein reflektierender und partizipatorischer Aktionsforschungsprozess in drei Aktions-Reflexions-Zyklen, der dokumentiert und ausgewertet wird (Mehr Informationen und Quelle: inclusivesocial.org/peer2peer-cet/).